Bahnpläne sorgen zur Einwohnerversammlung nicht nur für Zustimmung
Zur zweiten Einwohnerversammlung der Stadt Großenhain in diesem Jahr waren am 11. Oktober rund 90 interessierte Bürgerinnen und Bürger in das Palais Zabeltitz gekommen. Wohl auf das größte Interesse stießen dabei die Ausbaupläne der Deutschen Bahn für den 2. Bauabschnitt. Martin Ludwig, Projektleiter bei der DB Netz AG, erläuterte in seiner Präsentation das Bauvorhaben, das derzeit planerisch vorbereitet wird. Ab 2029, so das Ziel der Deutschen Bahn, soll sich durch den Streckenausbau zwischen Berlin und Dresden auf Geschwindigkeiten von 200 km/h die Fahrzeit von 124 auf 80 Minuten verkürzen. Dafür müssen im 2. Bauabschnitt, der zwischen Großenhain und Zossen liegt, auch alle Bahnübergänge durch Brückenbauwerke ersetzt werden. In Zabeltitz sollen deshalb eine neue Straßenüber- und eine Fußgängerunterführung entstehen. Außerdem wird der Haltepunkt erneuert.
Pläne, die nicht von allen Anwesenden mit reiner Zustimmung quittiert wurden. Eine Zabeltitzerin, deren Grundstück unmittelbar an der Bahntrasse liegt, befürchtet einen Wertverlust und eine Verschattung ihres Grundstückes. Auch die geplante mehrmonatige Bauzeit und die dadurch notwendigen Umleitungen nach Zabeltitz und zu ihrem Grundstück lassen sie kritisch auf die Pläne blicken, so die Einwohnerin in ihrer Wortmeldung. Sorgen, die auch andere Bahnanwohner an diesem Abend teilten und die von den Konzernvertretern mit ernsten Blicken aufgenommen wurden. Martin Ludwig bot den Betroffenen deshalb gleich im Anschluss an die Präsentation an, persönlich Rede und Antwort zu stehen und verwies auch darauf, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Fragen gern per E-Mail an: Berlin-Dresden@deutschebahn.com senden können und diese vom Unternehmen beantwortet würden. Ein Angebot, das Bürgermeister Tilo Hönicke gern aufgriff und auch von Seiten der Stadt den Betroffenen Beistand anbot.
Im Anschluss an die Vorstellung der Deutschen Bahn stellten Wirtschaftsförderer Tom Quenstedt und Zentrumsmanager Alexander Ehrke die Ergebnisse der Umfrage zum „Grünen Sommerflair für Großenhain“ vor, die ab sofort online im Beteiligungsportal der Stadt (mitdenken.sachsen.de/1029832) einsehbar sind. Die Umfrageergebnisse seien eine wertvolle Datengrundlage, die in die städtischen Verkehrsplanungen der nächsten Jahre einfließen, so die beiden Innenstadt-Kenner.
Um Zahlenwerke ging es auch im dritten Tagesordnungspunkt. Kämmerin Mandy Herzog informierte über den aktuellen Stand der Haushaltsdurchführung 2022. Wie liegt Großenhain bei den Steuereinnahmen? Welche Investitionen planen Stadtverwaltung und Stadtrat und welche müssen eventuell sogar in Anbetracht der aktuellen wirtschaftlichen Lage auf den Prüfstand. Oberbürgermeister Sven Mißbach hob anschließend hervor, dass die wachsende wirtschaftliche Unsicherheit längst leider auch den örtlichen Mittelstand und das Gewerbe erreicht habe und die Stadt deshalb auch eine Verantwortung trage, Investitionen zu tätigen, um die Wirtschaft durch Auftragsvergaben zu stärken.
Im vierten Tagesordnungspunkt betonte Mandy Herzog, wie wichtig es sei, die Grundsteuererklärung in der vorgegebenen Frist abzugeben. Die von den Finanzämtern erhobenen Daten seien für die Erhebung der Grundsteuer vor Ort erforderlich, so die Finanzfachfrau, denn diese bestimmen letztlich die Höhe der örtlichen Hebesteuersätze ab 2025. Sie verwies dabei auch auf Internetangebote der Finanzämter und des Bundesministeriums für Finanzen wie beispielsweise www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de, die Erklärungspflichtigen Hilfe und Unterstützung böten.
Bei der anschließenden Fragestunde für Einwohner ging es unter anderen um die Ampelschaltung am Radeburger Platz, die bei manchem motorisierten Verkehrsteilnehmer noch immer für Irritationen sorge (siehe Amtsblatt Nr. 5/2022). Auch der aktuelle Arbeitsstand des Flächennutzungsplanes (FNP) war Gegenstand einer Nachfrage. Der OB konnte darauf antworten, dass der Entwurf des FNP im März/April 2023 im Stadtrat beschlossen werden soll und danach öffentlich ausliege. Bürgerinnen und Bürger könnten dann erneut zum Entwurf Stellung nehmen, bevor der endgültigen FNP dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt würde.
Die Ampelschaltung an der Dr.-Külz-Straße zur B98 würde Geschwindigkeitsüberschreitungen und Unfälle fördern, so die Mahnung eines Einwohners. Ein Umstand, den Matthias Schmieder, Geschäftsbereichsleiter Stadtkultur und Ordnung, anhand der Unfallberichte so nicht dokumentiert sah, den Hinweis aber an das zuständige Landesamt für Straßenbau und Verkehr zur Prüfung weiterleite. Eine weitere Anfrage bezog sich auf einen geplanten Kreisverkehr an der Mozartallee/Meißner Straße. Laut Oberbürgermeister Mißbach sei man an dieser Lösung im Zuge eines geplanten Neubaus des Großenhainer Polizeireviers noch immer interessiert, kenne aber derzeit keine konkreten Umsetzungspläne. Auch die Energiekrise spielte an diesem Abend eine Rolle bei der Frage, ob die Stadt die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen auf Privathäusern fördern könnte, einem Wunsch, dem der Oberbürgermeister bei allen Sympathie für nachhaltige Energieformen leider dann doch eine Absage erteilen musste.
Nach gut zwei Stunden endete die Einwohnerversammlung mit Applaus, einem Novum.
Hinweis
Das Protokoll zur Einwohnerversammlung sowie die vorgestellten Präsentationen sind im digitalen Ratsinformationssystem der Stadt Großenhain (https://grossenhain.ratsinfomanagement.net/ - nach Fertigstellung des Protokolls) öffentlich einseh- und abrufbar.